Chinas Energie-Politik: CO2-Emissionen auf Rekordniveau

China ist der größte Kohleverbraucher und Treibhausgasproduzent der Welt. Das Land hat zugesagt, den Höhepunkt seiner Emissionen bis 2030 und die Kohlendioxidneutralität bis 2060 zu erreichen. Um seinen wachsenden Energiebedarf zu decken, setzt China jedoch weiterhin massiv auf Kohle- und Kernkraftwerke, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen für den globalen Klimaschutz darstellen.

China baut mehr Kohlekraftwerke als der Rest der Welt

Laut einem Bericht des finnischen Zentrums für Energieforschung (CREA) und des Global Energy Monitor (GEM) hat China im vergangenen Jahr den Bau neuer Kohlekraftwerke massiv vorangetrieben. Die Zahl der genehmigten neuen Kohlekraftwerke sei so hoch gewesen wie zuletzt 2015, heißt es in dem Bericht. Die chinesischen Behörden genehmigten demnach den Bau neuer Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 106 Gigawatt – das entspricht in etwa zwei großen Kraftwerksblöcken pro Woche. Das ist viermal mehr als im Jahr zuvor und so viel wie seit 2015 nicht mehr.

China genehmigte und baute damit laut dem Bericht mehr Kohlekraftwerke als der Rest der Welt zusammengenommen. „Die Geschwindigkeit, mit der die Projekte von der Genehmigung bis zum Bau vorankamen, war außergewöhnlich“, erklärten die Forscherinnen und Forscher. Parallel zur Kohle investiert die Volksrepublik auch massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien. Aber bislang kommen immer noch rund 60 Prozent des chinesischen Energiebedarfs aus der Kohle.

Die Gründe für den verstärkten Kohleausbau sind vielfältig. Zum einen will China seine Versorgungssicherheit und Netzstabilität gewährleisten, insbesondere nach den dramatischen Energieengpässen im Herbst 2021, die zu Stromausfällen und Produktionsstopps führten. Zum anderen will China seine wirtschaftliche Entwicklung fördern, die durch die COVID-19-Pandemie und die Handelsspannungen mit den USA beeinträchtigt wurde. Schließlich spielt auch die Rolle der lokalen Regierungen und Interessengruppen eine Rolle, die von dem Bau neuer Kohlekraftwerke profitieren.

Der massive Ausbau der Kohlekraftwerke steht jedoch in starkem Kontrast zu Chinas Klimazielen. Das Land hat sich verpflichtet, seinen CO2-Ausstoß bis 2030 zu senken und bis 2060 klimaneutral zu werden. Um dies zu erreichen, müsste China laut Experten seine Kohlekapazität bis 2030 um mindestens 40 Prozent reduzieren. Die neuen Kohlekraftwerke haben eine Lebensdauer von etwa 40 Jahren und würden daher weit über das Zieljahr hinaus CO2 emittieren.

Die Auswirkungen des chinesischen Kohleausbaus auf die weltweite CO2-Einsparung sind daher negativ. Laut einer Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) würde China allein im Jahr 2030 rund 15 Prozent mehr CO2 ausstoßen als ohne den zusätzlichen Kohleausbau. Dies würde die globalen Bemühungen zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius erheblich erschweren.

China setzt auch auf Kernkraftwerke

Neben der Kohle setzt China auch auf Kernkraftwerke als Teil seiner Energiestrategie. Das Land betreibt derzeit 51 Kernreaktoren mit einer Gesamtkapazität von etwa 50 Gigawatt und hat weitere 18 Reaktoren im Bau mit einer geplanten Kapazität von etwa 20 Gigawatt. China hat das Ziel, bis 2030 eine installierte Kernkraftkapazität von mindestens 70 Gigawatt zu erreichen.

Die Kernkraft wird von einigen als klimafreundliche Alternative zur Kohle angesehen, da sie keine direkten CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung verursacht. Allerdings ist die Kernkraft auch nicht emissionsfrei, da bei der Gewinnung, dem Transport und der Aufbereitung von Uran sowie beim Bau, Rückbau und der Entsorgung der Atomkraftwerke CO2 freigesetzt wird. Zudem birgt die Kernkraft Risiken für die Sicherheit, die Gesundheit und die Umwelt durch mögliche Unfälle oder terroristische Angriffe sowie durch den ungelösten Umgang mit dem radioaktiven Abfall.

Wie viel CO2 kann die Kernkraft im Vergleich zur Kohle einsparen? Eine Studie des Öko-Instituts aus dem Jahr 2019 hat berechnet, dass ein typisches deutsches Atomkraftwerk pro Kilowattstunde Strom etwa 12 Gramm CO2 emittiert, während ein typisches deutsches Braunkohlekraftwerk etwa 1150 Gramm CO2 emittiert. Das bedeutet, dass ein Atomkraftwerk etwa 96 Mal weniger CO2 ausstößt als ein Braunkohlekraftwerk.

Wenn man diese Zahlen auf China überträgt, könnte man schätzen, dass die bestehenden chinesischen Atomkraftwerke pro Jahr etwa 3 Millionen Tonnen CO2 emittieren, während die bestehenden chinesischen Braunkohlekraftwerke pro Jahr etwa 900 Millionen Tonnen CO2 emittieren. Das bedeutet, dass die Atomkraftwerke etwa 300 Mal weniger CO2 ausstoßen als die Braunkohlekraftwerke.

Die Auswirkungen des chinesischen Kernkraftausbaus auf die weltweite CO2-Einsparung sind daher positiv. Laut einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) könnte China durch den Bau neuer Kernkraftwerke bis zum Jahr 2050 etwa 1,6 Milliarden Tonnen CO2 einsparen. Dies würde jedoch nur einen kleinen Teil des gesamten chinesischen CO2-Ausstoßes ausmachen, der im Jahr 2019 etwa 10 Milliarden Tonnen betrug.

Fazit

China verfolgt eine doppelte Strategie bei der Stromerzeugung aus Kohle- und Kernkraftwerken. Während die Kohlekraftwerke den größten Teil des Energiebedarfs decken und hohe CO2-Emissionen verursachen, sollen die Kernkraftwerke eine emissionsärmere Alternative bieten. Beide Technologien haben jedoch auch Nachteile für den Klimaschutz und andere Aspekte.

Um seine Klimaziele zu erreichen und zur weltweiten CO2-Einsparung beizutragen, müsste China seinen Kohleverbrauch drastisch reduzieren und seinen Anteil an erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarkraft erhöhen. Diese sind nicht nur emissionsfrei oder -arm bei der Stromerzeugung, sondern auch kostengünstiger und sicherer als Kohle- oder Kernkraftwerke.