Bonanza: Als Hoss ging, war der Westen nie mehr derselbe

Bonanza: Als Hoss ging, war der Westen nie mehr derselbe

Ein Westernmärchen für Millionen

Als am 12. September 1959 zum ersten Mal die Titelmelodie von Bonanza erklang, ahnte wohl niemand, dass diese Serie zu einer der langlebigsten und beliebtesten Fernsehproduktionen ihrer Zeit werden würde. Was ursprünglich als wöchentlicher Western auf NBC begann, entwickelte sich bald zu einem popkulturellen Phänomen. Im Mittelpunkt stand die Familie Cartwright, allen voran der verwitwete Patriarch Ben Cartwright (gespielt von Lorne Greene) und seine drei sehr unterschiedlichen Söhne – Adam (Pernell Roberts), Little Joe (Michael Landon) und der gutmütige Riese Hoss (Dan Blocker).

Die Serie spielte auf der fiktiven Ponderosa-Ranch in der Nähe des Lake Tahoe, wo die Familie nicht nur gegen Banditen und Gesetzlose kämpfte, sondern auch immer wieder mit moralischen Dilemmata, gesellschaftlichen Themen und persönlichen Schicksalsschlägen konfrontiert wurde. Bonanza war eine der ersten Serien, die farbig im US-Fernsehen ausgestrahlt wurde – und das lange, bevor Farbfernsehen zur Norm wurde. Dieser technische Vorteil, gepaart mit warmherzigem Humor und starken Geschichten, machte die Serie schnell zu einem Dauerbrenner: 14 Staffeln, 431 Episoden, über ein Jahrzehnt Prime Time.

Ein spätes Willkommen in Deutschland

Während Bonanza in den USA schon früh ein Quotenhit war, verlief der Start in Deutschland eher holprig. Ab 1962 zeigte die ARD lediglich 13 Folgen – und stellte die Ausstrahlung dann ein. Der Grund? Die Serie sei „zu brutal“. Erst 1967 nahm das ZDF das Format wieder auf, diesmal mit weit größerem Erfolg. In den 1970er-Jahren war Bonanza auch hierzulande ein fester Bestandteil des Fernsehprogramms. Viele Zuschauer wuchsen mit den Cartwrights auf und fanden in der Mischung aus Westernabenteuer und Familienserie einen festen Ankerpunkt im Abendprogramm.

Dennoch blieb das wahre Serienende den deutschen Fans weitgehend verborgen. Die finale 14. Staffel wurde nicht vollständig im deutschen Fernsehen gezeigt – und der zentrale Bruchpunkt, der das Ende unausweichlich machte, fand ohnehin hinter den Kulissen statt.

Dan Blocker – Der sanfte Riese

Dan Blocker, der Hoss Cartwright verkörperte, war nicht nur der größte der Cartwright-Söhne, sondern auch der beliebteste. Mit seinem schelmischen Lächeln, seinem freundlichen Wesen und einer herzerwärmenden Mischung aus Naivität und Stärke verkörperte er den „guten Cowboy“ auf eine Weise, die in der TV-Landschaft einmalig war.

Doch am 13. Mai 1972 wurde die heile Welt der Bonanza-Fans jäh erschüttert: Dan Blocker starb völlig unerwartet im Alter von nur 43 Jahren an den Folgen einer Lungenembolie nach einer Gallenblasenoperation. Was als Routineeingriff geplant war, endete in einer Tragödie. Die Nachricht vom Tod des Schauspielers verbreitete sich rasend schnell – nicht nur in der Branche, sondern auch unter Millionen von Fans weltweit. Blockers Tod war mehr als nur der Verlust eines Darstellers – es war das emotionale Ende einer Ära.

Ein Neuanfang ohne Hoss?

Die Produzenten standen vor einer schweren Entscheidung: Sollte man versuchen, die Serie ohne Hoss fortzuführen? Letztlich entschied man sich für eine 14. Staffel – die allerdings deutlich kürzer ausfiel als ihre Vorgänger. Die fehlende Figur von Hoss wurde nicht ersetzt. Es gab keinen neuen „dritten Sohn“, kein Recasting, keine schnelle Erklärung. Hoss wurde einfach nicht mehr erwähnt. Diese Entscheidung – obwohl verständlich aus Respekt vor dem Schauspieler – wurde von vielen Fans als Verstörung empfunden. Die familiäre Balance der Serie war zerstört.

Das Publikum spürte die Lücke. Die Einschaltquoten sanken rapide. Obwohl noch 16 Episoden produziert wurden, war klar: Bonanza hatte seine Seele verloren. Im Januar 1973 flimmerte die letzte Folge über die Bildschirme der USA – ein eher stilles, fast trauriges Ende einer einst so stolzen Produktion. In Deutschland bekam man diesen Schlusspunkt nie richtig zu sehen.

Was bleibt von der Pondarosa?

Der Mythos der Ponderosa lebt dennoch weiter. In Wiederholungen, auf DVDs, in Fan-Communities – und vor allem in den Herzen all jener, die mit Hoss, Ben, Adam und Little Joe groß wurden. Dan Blocker bleibt eine der eindrucksvollsten Figuren der Fernsehgeschichte. Sein früher Tod war nicht nur ein persönlicher Schicksalsschlag für Familie und Kollegen, sondern auch ein symbolischer Moment für das Fernsehen insgesamt: Die goldene Zeit der Westernserien neigte sich ihrem Ende zu.

Bonanza starb nicht an nachlassendem Interesse oder schlechter Qualität – sondern an einem gebrochenen Herzen. Mit Hoss verließ das Lächeln die Ponderosa, und das Fernsehen verlor eine Figur, die so groß, freundlich und unvergessen war wie der Westen selbst.

Mark Petersen