Wiesbaden bleibt eine Stadt ohne Straßenbahn, trotz hoher Einwohnerzahl

Die hessische Landeshauptstadt gehört mit seinen 280.000 Einwohnern zu den wenigen deutschen Großstädten, die keinen Schienenverkehr haben. Ausser Münster gibt es in Deutschland keine weitere Stadt in dieser Größe, die ihren öffentlichen Nahverkehr lediglich mit Busen bewältigt, und ansonsten über ein gut ausgebautes Fahrradnetz verfügt.
Zuletzt haben sich die Wiesbadener am 1. November 2020 bei einem Bürgerentscheid gegen eine geplante Stadtbahn ausgesprochen.

Wiesbaden behilft sich ohne Stadtbahn nur unzureichend. Die eingesetzten Busse bewältigen die Nachfrage nicht mehr und es gibt einen akuten Personalmangel bei den Busfahrerinnen und Busfahrern. Wegen der hohen Verkehrsbelastung leidet die Stadt auch unter Luftverschmutzung und Lärmbelastung.

Die Stadt hat bisher keine überzeugenden Alternativen zur Stadtbahn vorgestellt. Die Gegner der Stadtbahn hatten für Busse oder Seilbahnen plädiert, aber diese Lösungen sind nicht leistungsfähig oder realistisch genug. Die Stadtverwaltung hat angekündigt, ein neues Verkehrskonzept zu erarbeiten, das auf den bestehenden Buslinien aufbauen soll. Doch das wird Zeit und Geld kosten und die Verkehrsprobleme nicht nachhaltig lösen.

Wiesbaden hat eine Chance verpasst, eine moderne und zukunftsfähige Mobilitätslösung zu schaffen. Die Stadtbahn hätte die Stadt mit Mainz und dem Rheingau-Taunus-Kreis verbinden und bis zu 82.000 Fahrgäste täglich transportieren können. ² Die Kosten für das Projekt wären zum größten Teil vom Bund und vom Land Hessen übernommen worden. Die Stadtbahn hätte positive Effekte für das Klima, die Gesundheit und die Attraktivität der Stadt gehabt.

Aktuell testet die Wiesbadener Verkehrsgesellschaft ESWE einen neuen Bustyp, der in der Stadt zum Einsatz kommen soll. Es handelt sich um einen 25 Meter langen Doppelgelenkbus des schweizerischen Herstellers Hess, der rein elektrisch betrieben wird und bis zu 200 Fahrgäste befördern kann.
Er soll vor allem auf den Hauptverkehrsachsen eingesetzt werden, um die Verkehrsbelastung zu reduzieren und die Mobilitätswende zu fördern. Allerdings müssten viele Haltestellen an die neue Überlänge angepasst werden.

Eine endgültige Entscheidung über eine Anschaffung von Doppelgelenkbussen ist noch nicht gefallen. ESWE Verkehr will auch noch einen weiteren Doppelgelenkbus eines anderen Herstellers testen.
Außerdem muss ein europaweites Ausschreibungsverfahren durchgeführt werden.

Wiesbaden braucht dringend eine Verkehrswende, um die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Ohne Stadtbahn bleibt dies wohl ein sehr schwieriges Unterfangen.