Atomkraftwerke der vierten Generation: Eine Revolution der Kernenergie?


Atomkraft ist eine umstrittene Energiequelle, die von einigen als sauber und zuverlässig angesehen wird, während andere sie wegen der Risiken von Unfällen, Strahlung und Atommüll ablehnen. Doch wie sieht die Zukunft der Kernenergie aus? Gibt es Möglichkeiten, sie sicherer, nachhaltiger und wirtschaftlicher zu machen? Ein internationaler Forschungsverbund arbeitet an der Entwicklung von Atomkraftwerken der sogenannten vierten Generation, die diese Ziele erfüllen sollen. Was sind diese Kraftwerke und wie unterscheiden sie sich von den bisherigen?

Die bisherigen Atomkraftwerke gehören meist zur zweiten oder dritten Generation. Die zweite Generation umfasst die meisten Leistungsreaktoren, die seit den 1960er Jahren gebaut wurden. Sie verwenden meist angereichertes Uran als Brennstoff und Wasser als Kühlmittel und Moderator. Die dritte Generation umfasst Weiterentwicklungen dieser Reaktortypen, die mehr Sicherheitssysteme und eine höhere Effizienz aufweisen.

Die Atomkraftwerke der vierten Generation sollen einen deutlichen Fortschritt gegenüber den bisherigen darstellen. Sie sollen hohe Anforderungen an Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllen. Dazu gehören:

  • Eine hohe Ausfallsicherheit: Die Reaktoren sollen so konzipiert sein, dass sie sich bei Störungen selbstständig abschalten oder herunterfahren können, ohne dass eine externe Stromversorgung oder menschliches Eingreifen nötig ist.
  • Eine geringe Abfallproduktion: Die Reaktoren sollen einen höheren Wirkungsgrad haben und mehr Brennstoff verwerten können. Außerdem sollen sie in der Lage sein, abgebrannte Brennelemente aus anderen Reaktoren zu recyceln oder abzubauen.
  • Eine hohe Proliferationsresistenz: Die Reaktoren sollen so gestaltet sein, dass sie das Risiko einer Verbreitung von spaltbarem Material für militärische Zwecke minimieren.
  • Eine hohe Wirtschaftlichkeit: Die Reaktoren sollen kostengünstiger zu bauen und zu betreiben sein als die bisherigen.

Um diese Ziele zu erreichen, werden verschiedene Reaktortypen erforscht und entwickelt. Einige Beispiele sind:

  • Der gasgekühlte Schnelle Reaktor (GFR): Er verwendet Helium als Kühlmittel und schnelle Neutronen zur Spaltung des Brennstoffs. Er soll eine hohe Temperatur erreichen können, die für industrielle Prozesse genutzt werden kann.
  • Der bleigekühlte Schnelle Reaktor (LFR): Er verwendet flüssiges Blei oder Blei-Bismut als Kühlmittel und schnelle Neutronen zur Spaltung des Brennstoffs. Er soll eine hohe Sicherheit bieten und abgebrannte Brennelemente aus anderen Reaktoren verwerten können.
  • Der sehr-hochtemperaturreaktor (VHTR): Er verwendet Helium als Kühlmittel und Graphit als Moderator. Er soll eine sehr hohe Temperatur erreichen können, die für die Wasserstoffproduktion oder andere chemische Prozesse genutzt werden kann.
  • Der geschmolzenesalzreaktor (MSR): Er verwendet flüssiges Salz als Kühlmittel und Brennstoffträger. Er soll einen hohen Wirkungsgrad haben und verschiedene Arten von Brennstoffen nutzen können.

Die ersten Atomkraftwerke der vierten Generation sollen ab dem Jahr 2030 in Betrieb gehen. Einige Länder wie China oder Russland arbeiten bereits an Prototypen oder Demonstrationsanlagen. Andere Länder wie Deutschland oder Frankreich beteiligen sich an der internationalen Forschungskooperation.

Die Atomkraftwerke der vierten Generation versprechen eine Revolution der Kernenergie mit vielen Vorteilen für Umwelt und Gesellschaft. Doch es gibt auch Herausforderungen

und Risiken bei der Entwicklung und dem Einsatz dieser Technologie. Dazu gehören:

  • Die technische Komplexität: Die Reaktoren der vierten Generation sind anspruchsvoller in der Konstruktion und im Betrieb als die bisherigen. Sie erfordern eine hohe Qualität der Materialien und der Sicherheitssysteme sowie eine intensive Überwachung und Wartung.
  • Die politische Akzeptanz: Die Atomkraft ist in vielen Ländern umstritten und stößt auf Widerstand von Teilen der Bevölkerung und der Politik. Die Reaktoren der vierten Generation müssen ihre Vorteile überzeugend darlegen und das Vertrauen in ihre Sicherheit gewinnen.
  • Die rechtlichen Rahmenbedingungen: Die Reaktoren der vierten Generation müssen sich an die bestehenden nationalen und internationalen Gesetze und Regeln für die Kernenergie anpassen oder diese ändern. Dazu gehören Fragen wie die Genehmigung, die Haftung, die Entsorgung oder die Nichtverbreitung.

Die Atomkraftwerke der vierten Generation sind eine spannende Innovation im Bereich der Energieerzeugung. Sie bieten Potenzial für eine saubere, sichere und effiziente Stromversorgung in einer Welt mit wachsendem Energiebedarf. Doch sie sind auch mit Herausforderungen und Risiken verbunden, die noch gelöst werden müssen. Ob sie sich durchsetzen werden, hängt von vielen Faktoren ab, die sowohl technischer als auch gesellschaftlicher Natur sind.