Ist Trump der schwächste US-Präsident aller Zeiten?

Ist Trump der schwächste US-Präsident aller Zeiten?

Es gehört zu den großen Paradoxien der Präsidentschaft Donald Trumps: Nach außen hin gibt er den starken Mann, der keine Kompromisse kennt, der seine Gegner attackiert und rhetorisch kaum Grenzen kennt. Doch gerade in der Außenpolitik zeigt sich, dass dieser Auftritt oft mehr Schein als Sein ist. Ein Präsident gilt dann als stark, wenn er Klarheit vermittelt, entschlossen reagiert und vor allem berechenbar handelt. Trump hingegen hat sich in zahlreichen Momenten als unbeständig, zögerlich oder schlicht schwammig erwiesen. Dadurch entsteht das Bild eines Präsidenten, der zwar laut auftritt, aber politisch oft kraftlos bleibt.

Das Beispiel Estland

Die jüngste Verletzung des estnischen Luftraums durch russische Kampfjets ist ein prägnantes Beispiel. Estland ist Mitglied der NATO, und ein solches Eindringen stellt eine ernste Provokation dar, die die Grundfesten des Bündnisses berührt. Von einem US-Präsidenten würde man erwarten, dass er sofort und mit klarer Stimme reagiert, um sowohl den Verbündeten Sicherheit zu geben als auch Moskau ein unmissverständliches Signal zu senden. Trump aber schwieg zunächst und nahm erst Stellung, als er von Journalisten direkt darauf angesprochen wurde. Seine Reaktion fiel vage aus, mit Worten wie „big trouble“, ohne dass daraus hervorging, welche politischen Konsequenzen er ziehen will oder wie er die Allianz zu stärken gedenkt. Gerade in einem Moment, in dem Stärke und Berechenbarkeit gefragt wären, vermittelte er Unsicherheit.

Rhetorik und Realität

Dieses Muster zieht sich durch Trumps Präsidentschaft. Immer wieder inszeniert er sich als kompromissloser Kämpfer, doch wenn es darauf ankommt, weicht er zurück oder bleibt unklar. Schon früher zeigte sich, dass seine große Rhetorik nicht von konsequentem Handeln gedeckt war. Ob im Umgang mit Russland, im Handelskonflikt mit China oder in Fragen des Nahen Ostens – häufig wurden harte Ankündigungen gemacht, die dann im Stillen relativiert oder gar zurückgenommen wurden. So entsteht das Bild eines Mannes, der Stärke behauptet, sie aber nicht in Politik übersetzen kann.

Die Schwächung der Allianzen

Ein weiterer Aspekt ist Trumps Umgang mit den internationalen Bündnissen, die seit Jahrzehnten das Rückgrat der amerikanischen Außenpolitik bilden. Statt diese Strukturen zu festigen, schwächte er sie durch Drohungen, wechselnde Botschaften und den Eindruck, dass die USA nicht länger verlässlich sind. Für Partnerstaaten wie Estland, die unmittelbar von russischen Provokationen betroffen sind, ist dies fatal. Ihre Sicherheit hängt von der Gewissheit ab, dass Washington im Ernstfall unmissverständlich reagiert. Wo diese Sicherheit fehlt, entstehen Zweifel – und genau diese Zweifel sind eine Form der Schwäche, die ein Präsident niemals aussenden sollte.

Die Folgen der Unklarheit

Schwäche in der Außenpolitik zeigt sich nicht allein in militärischem Zögern. Sie wird vor allem sichtbar, wenn andere Staaten das Gefühl haben, Grenzen austesten zu können, ohne mit entschiedener Gegenwehr rechnen zu müssen. Russland hat mit dem Überflug in Estland ein Signal gesetzt: Man kann provozieren, und aus Washington kommt nichts anderes als eine schwammige Antwort. Damit verliert die USA ihre Rolle als unangefochtene Ordnungsmacht. Für die kleinen Verbündeten ist das brandgefährlich, für die geopolitische Stabilität ebenso.

Trump ist ein schwacher Mann

Donald Trump mag sich selbst gerne als den härtesten Präsidenten inszenieren, den die USA je hatten. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Seine Stärke bleibt eine Pose, die nicht durch Handeln gedeckt wird. Ein Präsident, der zögert, wenn es darauf ankommt, der Allianzen schwächt und seine Worte nicht in klare Politik übersetzt, ist in Wahrheit ein schwacher Präsident. Die Ereignisse in Estland führen dies unmissverständlich vor Augen – und fügen sich ein in ein größeres Muster, das Trump zu einem der schwächsten Präsidenten der amerikanischen Geschichte macht.

Mark Petersen