Die Brandschutzmauer der Demokratie: Warum die Ewigkeitsklausel heute so wichtig ist

Die Brandschutzmauer der Demokratie: Warum die Ewigkeitsklausel heute so wichtig ist

Wer in diesen Tagen die Nachrichten verfolgt, sieht Bilder, die beunruhigen: rechtsextreme Aufmärsche in ostdeutschen Städten, wachsende populistische Bewegungen in Europa, autoritäre Regierungen in Ungarn oder der Türkei. Überall die gleiche Frage: Wie stabil ist unsere Demokratie wirklich? Deutschland hat dafür eine ganz eigene Antwort – die Ewigkeitsklausel im Grundgesetz.

Die Lehre aus der Katastrophe

Die Verfassungshüter von 1949 hatten ein klares Ziel: Nie wieder sollte eine Regierung die Demokratie legal abschaffen können. Hitler hatte sich einst seine Diktatur durch ein Gesetz im Reichstag sichern lassen. Das Grundgesetz zog daraus die Konsequenz: Bestimmte Prinzipien sind unveränderlich. Menschenwürde, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Föderalismus stehen nicht zur Abstimmung. Sie sind „ewig“.

Eine Brandschutzmauer – aber nicht kugelsicher

Heute, mehr als 70 Jahre später, wirkt die Ewigkeitsklausel wie eine juristische Brandschutzmauer. Selbst wenn eine radikale Partei eine absolute Mehrheit hätte, könnte sie nicht per Gesetz Grundrechte außer Kraft setzen oder Deutschland in ein autoritäres System verwandeln. Das Bundesverfassungsgericht würde jeden solchen Versuch stoppen.

Doch diese Sicherheit hat Grenzen. Denn Demokratien können auch anders erodieren: nicht durch einen großen Knall, sondern durch viele kleine Risse. Ungarn ist ein warnendes Beispiel. Dort wurden Gerichte mit Parteitreuen besetzt, Medien gleichgeschaltet, Oppositionellen das Leben schwer gemacht – alles innerhalb des formalen Rahmens. Die Ewigkeitsklausel würde so etwas in Deutschland nicht automatisch verhindern.

Warum sie gerade jetzt zählt

In Zeiten, in denen rechtspopulistische Parteien auch in Deutschland erstarken, zeigt sich der Wert dieser Verfassungsarchitektur. Sie macht klar: Selbst wenn die politische Stimmung kippt, gibt es einen rechtlichen Kern, der nicht zerstört werden kann. Damit ist die Bundesrepublik stabiler gebaut als viele andere Demokratien.

Aber: Die Ewigkeitsklausel schützt nur das Fundament. Ob das Haus darüber gepflegt und bewohnt bleibt, hängt von uns Bürgerinnen und Bürgern ab. Demokratie ist kein Selbstläufer – sie lebt von Beteiligung, vom Streit in der Sache, vom klaren Abgrenzen gegen echte Extremisten, ohne zugleich legitime konservative Stimmen in die Ecke zu drängen.

Die Mahnung für unsere Zeit

Die Ewigkeitsklausel ist mehr als ein Paragraf. Sie ist ein politisches Versprechen: Dass Deutschland nicht noch einmal in die Abgründe der Geschichte zurückfällt. Gerade jetzt, wo demokratische Systeme in Europa und den USA unter Druck stehen, erinnert sie uns daran, dass Verfassungen zwar schützen können – aber dass am Ende eine wachsame Gesellschaft gebraucht wird, um sie mit Leben zu füllen.

Mark Petersen