Zahlen unter Verdacht: Warum Donald Trump die US-Arbeitsmarktchefin feuerte

Am Wochenende erschütterte eine Entscheidung das politische Washington, die nicht nur technokratisch wirkte, sondern als direkter Angriff auf die Unabhängigkeit staatlicher Institutionen gewertet wird: US-Präsident Donald Trump entließ die Direktorin des Bureau of Labor Statistics (BLS), der US-Arbeitsmarktbehörde. Der offizielle Grund? Vertrauensverlust. Der tatsächliche Auslöser: enttäuschende Arbeitsmarktdaten – und Trumps wachsender Druck, das wirtschaftliche Narrativ in den Griff zu bekommen.
Was nach einem bürokratischen Personalwechsel klingt, ist in Wahrheit ein politisches Erdbeben mit Ansage. Denn das BLS gilt als eines der unabhängigsten Statistik-Institute des Landes. Seine Zahlen – etwa zur Arbeitslosenquote oder zur Lohnentwicklung – sind Grundlage für Politik, Märkte und öffentliche Debatten. Dass ein Präsident direkt in diese Struktur eingreift, ist äußerst ungewöhnlich und wird von Experten als autoritäres Signal gewertet.
Die Zahlen, die Trump nicht sehen wollte
Am Freitagmorgen veröffentlichte das BLS die jüngsten Arbeitsmarktdaten – und die fielen ernüchternd aus. Entgegen den optimistischen Erwartungen der Regierung wurden lediglich 68.000 neue Jobs geschaffen, der geringste Zuwachs seit über einem Jahr. Besonders bitter für Trump: Der Rückgang traf auch Schlüsselbranchen wie Bau und Logistik, in denen der Präsident mit Steuererleichterungen und Deregulierungen eigentlich Impulse setzen wollte.
Noch am selben Nachmittag kündigte das Weiße Haus die „sofortige Freistellung“ der bisherigen BLS-Direktorin an. In einem knappen Statement erklärte Trump, das Vertrauen sei „nicht mehr gegeben“ und er werde in den nächsten Tagen eine neue Leitung berufen, die „wieder neutrale und wirtschaftlich nützliche Zahlen“ liefere.
Kritik aus allen Richtungen
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Demokraten sprachen von einem „politischen Angriff auf die Wahrheit“. Doch auch aus republikanischen Kreisen kam vorsichtige Kritik. Ein ehemaliger Berater von Trumps erster Amtszeit sagte gegenüber Reuters, das sei „ein Eigentor“, weil es Zweifel an allen zukünftigen Statistiken säe – selbst wenn sie positiv seien.
Wirtschaftsjournalisten und Analysten zeigten sich alarmiert. MarketWatch kommentierte, die Entlassung könne „die Glaubwürdigkeit des gesamten statistischen Apparats untergraben“. Die Finanzmärkte reagierten prompt: Der Dollar verlor gegenüber dem Euro an Wert, während US-Staatsanleihen an Attraktivität gewannen – ein klassisches Zeichen für wachsende Unsicherheit.
Kontrolle über Deutungshoheit
Trumps Beweggründe sind nicht schwer zu erahnen. Der Präsident steht unter wachsendem innenpolitischem Druck: Die Inflation stagniert auf hohem Niveau, die Zinspolitik der Notenbank zeigt nur begrenzte Wirkung, und die Wiederwahlkampagne braucht dringend wirtschaftlichen Rückenwind. In dieser Gemengelage sind schlechte Zahlen nicht nur unerwünscht – sie sind gefährlich.
Die Entlassung der BLS-Chefin kann daher als Versuch gewertet werden, Kontrolle über das wirtschaftliche Narrativ zurückzugewinnen. Trump hat wiederholt betont, dass „die Leute sich von Zahlen nicht täuschen lassen sollten“. Jetzt versucht er offenbar, auch die Zahlen selbst unter Kontrolle zu bringen.
Ein gefährlicher Präzedenzfall?
Noch ist unklar, wer die Nachfolge an der Spitze des BLS antreten soll. Trump kündigte an, binnen drei bis vier Tagen einen neuen Namen zu präsentieren – eine bemerkenswerte Eile für eine solch sensible Position. Beobachter befürchten, dass die Auswahl weniger nach Qualifikation als nach Loyalität erfolgen könnte.
Was bleibt, ist der Eindruck eines gefährlichen Präzedenzfalls. Wenn wirtschaftliche Kennzahlen nur noch dann akzeptiert werden, wenn sie dem politischen Kurs dienen, steht nicht weniger auf dem Spiel als das Vertrauen in objektive, unabhängige Berichterstattung über die Lage eines Landes. Und dieses Vertrauen lässt sich schwer zurückgewinnen, wenn es erst einmal erschüttert ist.