Was eine Farm über Staatsmoral verrät

Was eine Farm über Staatsmoral verrät

Als Jimmy Carter im Januar 1977 das Amt des US-Präsidenten antrat, brachte er nicht nur seine südliche Höflichkeit mit nach Washington, sondern auch eine Farm. Genauer gesagt: eine Erdnussfarm in Georgia, die sein Familienunternehmen war. Doch Carter wusste, dass mit dem höchsten Amt im Staat auch höchste Ansprüche an Integrität und Unabhängigkeit verbunden sind. Er entschied sich, seine Firma in einen sogenannten blind trust zu überführen – eine juristische Konstruktion, bei der ein Treuhänder das Vermögen verwaltet, ohne dass der Eigentümer Einfluss auf geschäftliche Entscheidungen nehmen kann. Carter wollte sicherstellen, dass kein Schatten des Eigennutzes auf seine Präsidentschaft fallen konnte.

Der Schritt war nicht nur ein symbolischer Akt, sondern hatte für Carter reale Konsequenzen. Ohne seine Kontrolle und inmitten wirtschaftlicher Schwierigkeiten rutschte die Erdnussverarbeitungsfirma während seiner Amtszeit in die roten Zahlen. Nach seiner Präsidentschaft stand Carter vor dem Scherbenhaufen seiner einst erfolgreichen Farm und musste große Teile seines Besitzes verkaufen, um Schulden zu tilgen. Doch er zweifelte nie an der Richtigkeit seiner Entscheidung. Für ihn war klar: Das Vertrauen in das Amt des Präsidenten wog schwerer als jeder wirtschaftliche Verlust.

Ganz anders agierte Jahrzehnte später Donald Trump. Bereits während seiner ersten Amtszeit ab 2017 übergab er sein Firmenimperium nicht in einen echten blind trust, sondern lediglich in die Hände seiner Söhne – und behielt so die Kontrolle faktisch innerhalb der Familie. Anstatt sich konsequent aus den Geschäften zurückzuziehen, blieb die Verbindung zwischen Politik und Privatinteresse spürbar. Immer wieder wurden Fragen laut, ob Entscheidungen Trumps mit geschäftlichen Vorteilen für seine Unternehmen verknüpft waren – etwa wenn ausländische Delegationen in Hotels der Trump-Gruppe nächtigten oder offizielle Termine auffällig oft auf seinen Golfplätzen stattfanden.

Nun, da Donald Trump erneut im Weißen Haus sitzt, stellt sich die Frage nach der Trennung von Amt und Eigentum erneut. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass sich an seiner Haltung etwas geändert hat. Der neue, alte Präsident regiert wieder – sein wirtschaftliches Netzwerk existiert weiter, und ein echter blind trust ist weiterhin nicht in Sicht.

Jimmy Carter ging einen finanziell schmerzhaften Weg, um das Amt des Präsidenten über jeden persönlichen Vorteil zu stellen. Er verlor seine Farm – gewann aber moralische Autorität. Donald Trump hingegen behielt die Kontrolle – und mit ihr die Debatte um politische Selbstverpflichtung in einer Demokratie, die mehr denn je auf Glaubwürdigkeit angewiesen ist.

Mark Petersen