Tom war eigentlich ein Mensch wie jeder andere, ein netter Kerl, freundlich und unkompliziert, aber er merkte eines Tages, mit ihm nicht stimmte. Seine Nase war locker und löste sich, seine Haut war grauer geworden, und an seinem Arm hingen Hautfetzen runter. Er konnte es nicht genau erklären, aber er hatte das Gefühl, dass er sich anders fühlte als früher. Plötzlich hatte er das Bedürfnis, Menschenfleisch zu essen. War er etwa ein Zombie geworden? Er hatte doch immer brav seine Maske getragen und sich an alle Abstandsregeln gehalten…
Verzweifelt bemühte sich Tom darum, jeden Morgen vor dem Spiegel die Spuren zu verbergen, die davon zeugten, dass er ein Untoter geworden war. Er kaschierte seine Haut mit Make-up, trug lange Ärmel, um seine zerfetzten Arme zu verstecken, und eine Sonnenbrille, um seine glasigen Augen zu verbergen. Dann machte er sich auf den Weg in die zur Arbeit und betrat das Bürogebäude mit einem mulmigen Gefühl.
Leider bemerkten Toms Kollegen schnell, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Sie bekamen Angst vor ihm und mieden ihn. Tom fühlte sich allein gelassen und isoliert im Büro. Er verbrachte seine Tage damit, seine Arbeit zu erledigen und seine Kollegen aus der Ferne zu beobachten. Niemand kam ihm mehr zu nahe.
Als er sich mal wieder in den Drucker-Raum begab, um dort Kopien anfertigen zu lassen, hörte er Stimmen von draußen. Er lauschte und vernahm, wie seine Kollegen den Sicherheitsdienst riefen, um ihn endlich aus der Firma zu entfernen.
Tom zog seine Sonnenbrille ab und starrte die uniformierten Männer an. Er machte ein paar Bedrohliche Bewegungen, wie er sie aus der Serie „The Walking Dead“ kannte, und sofort schrien die Sicherheitskräfte auf und ergriffen die Flucht. Sie hatten die Serie sicher auch geschaut, womöglich bis zur letzten Staffel.
Erleichtert, dass er nun in Ruhe gelassen wurde, spürte Tom nun gleichzeitig die Einsamkeit, die ihn umgab. Niemand wagte sich mehr, ihm zu nahe zu kommen. Nicht mal der Chef rief ihn noch rein, wenn er mal wieder verschlafen hatte. Tom fühlte sich, als ob er von der Welt isoliert war, und er wurde immer unglücklicher.
Eines Tages, als Tom in seinem Büro arbeitete, hörte er plötzlich Schreie und lautes Gebrüll von draußen. Er eilte zum Fenster und sah, wie sich eine seltsame Masse von Menschen auf der Straße sammelte. Alle schienen unkontrolliert und aggressiv zu sein, und sie attackierten jeden Passanten, der ihnen zu nahe kam. Tom begriff sofort, dass es sich um eine Zombie-Invasion handeln musste. Er erinnerte sich an den Unfall in der Chemiefabrik am Stadtrand, von dem er in den Nachrichten gehört hatte. Die Chemikalien hatten offenbar eine Wirkung auf die Mitarbeiter der Fabrik gehabt und sie in Zombies verwandelt, die jetzt auf den Straßen wüteten.
Als die Zombie-Meute schließlich das Bürogebäude erreichte, wurde Tom nervös. Er hatte Sorge, dass seine Kollegen angegriffen und gebissen werden würden. So stellte er sich vor sie und trat der Meute entgegen. Mit ein paar ächzenden Lauten gab er seinen untoten Kumpels zu verstehen, dass alle Mitarbeiter in diesem Gebäude zu ihm gehörten und seine Freunde waren. Die anderen Zombies begriffen Toms Botschaft und respektierten seinen Wunsch, seine Kollegen zu verschonen.
Die Zombie-Meute zog wieder ab, und Tom war erleichtert. Seine Mitarbeiter natürlich noch viel mehr. Sie erkannten, dass Tom sie gerettet hatte und änderten ihre Einstellung ihm gegenüber. Tom hatte trotz seiner Veränderung immer noch eine menschliche Seite, und er würde alles tun, um sie zu beschützen.
Alle wussten nun, das man auch als Zombie noch ein Gewissen haben und Gutes tun konnte. Sie hatten Tom falsch beurteilt und waren ihm gegenüber unfair gewesen.
So arbeiteten von diesem Tag an alle wieder zusammen und behandelten sich gegenseitig mit Respekt und Mitgefühl, egal wer oder was sie waren.