Es war eine dunkle Nacht und der Nachtwächter des großen Supermarktes hatte bereits ein paar Stunden seiner Schicht hinter sich. Plötzlich hörte er seltsame Geräusche, die aus dem Gang mit den Tiefkühlprodukten kamen.
Richard war ein niedergeschlagener, entmutigter Mann, der nicht mehr viel vom Leben erwartete, aber dieses Ereignis hatte ihn nun doch ein bisschen aufgeweckt. Er ging vorsichtig in die Richtung der Geräusche und als er um die Ecke bog, sah er in der Tiefkühlabteilung eine Frau, die einen Einkaufswagen voll beladen hatte.
„Was machen Sie hier mitten in der Nacht?“, fragte Richard überrascht.
Die Frau zuckte zusammen und drehte sich um. „Oh, ich wusste nicht, dass jemand hier ist. Ich konnte nicht schlafen und dachte, ich würde einfach schnell ein paar Dinge einkaufen gehen.“
Der Nachtwächter musterte die Frau skeptisch. „Wir haben aber normalerweise geschlossen zu dieser Uhrzeit. Wie sind Sie hereingekommen?“
Die Frau erklärte dem Nachtwächter, dass sie immer ihre Einkäufe hier in der Nacht tätigt, weil es in diesem Moment so ruhig und friedlich ist. Sie fügte hinzu, dass verschlossene Türen für sie kein Hindernis darstellen, da sie durch sie hindurchgehen kann.
Richard war überrascht von dieser Aussage und begann, die Frau etwas genauer zu beobachten. Irgendwie wirkte sie nicht ganz real, als ob sie Teil eines Traums wäre.
Langsam aber sicher erkannte er, dass die Frau ein Geist sein musste. Er war erstaunt und gleichzeitig verängstigt, und er dachte sich, dass es vielleicht besser sei, die Frau in Ruhe zu lassen und nicht zu stören. So kehrte er ihr den Rücken zu, um weiter seine Runden zu drehen. Dabei konnte er die Gegenwart des Geistes aber immer noch spüren.
Als er wieder an der Tiefkühlabteilung vorbeikam, war die Frau verschwunden und alles war wieder ruhig. Der Nachtwächter fragte sich, ob er sich alles nur eingebildet hatte.
Aber in den folgenden Nächten vernahm er ähnliche Geräusche, und er war sich sicher, dass die Frau wiederkommen würde. Tatsächlich tauchte sie immer wieder auf, um ihren Einkaufswagen zu füllen. Richard blieb vorsichtig. Er hielt es für besser, Abstand zu diesem Wesen zu halten.
Einige Zeit später, als Richard erschöpft im Bus auf dem Weg zur Arbeit saß, kam er mit einem anderen Fahrgast ins Gespräch. Sie unterhielten sich über das Wetter und andere belanglose Dinge, aber irgendwie fühlte er sich zu diesem Mann hingezogen. Schließlich beschloss Richard, dem unbekannten Mann von der Erscheinung der Frau zu erzählen, die er jede Nacht im Supermarkt beim Einkaufen beobachten konnte. Er beschrieb sie als eine ruhige, freundliche Frau, Mitte Dreissig, mit langen blonden gelockten Haaren, und erwähnte, dass sie ein Geist war.
Der Fahrgast hörte aufmerksam zu und nickte verstehend. Dann sagte er: „Ich glaube, ich weiß, wen sie meinen. Vor fünf Jahren ist eine Frau beim Einkaufen in diesem Markt plötzlich zusammengebrochen und gestorben. Das war äusserst tragisch. Ihre Beschreibung passt genau!“.
Richard war schockiert und überwältigt von dieser Enthüllung. War es möglich, dass er tatsächlich jede Nacht mit einem Geist sprach, der einst genau so lebendig war wie er?
Nachdem diese Erscheinung für ihn nicht mehr rätselhaft war, entwickelte er mehr Interesse für das Schicksal dieser Frau, die dahintersteckte. Er ging ihr nicht mehr aus dem Weg, und sprach nun immer öfter mit ihr.
Dabei erkannte er, dass sie trotz ihrer unnatürlichen Existenz eine warmherzige und freundliche Seele war, und sie wurde mit der Zeit immer vertrauter für ihn. Bald konnte er sich eine Nachtwache ohne sie nicht mehr vorstellen. Sie war zu einem festen Bestandteil seiner Routine geworden und er fühlte sich glücklicher und ruhiger in ihrer Gegenwart.
Eines Nachts aber, als Richard wieder seine Runden durch den Supermarkt machte, bemerkte er plötzlich, dass die Frau verschwunden war. Er suchte nach ihr, fand aber keine Spur mehr. Was hatte das zu bedeuten?
Einige Menschen glauben, dass Geister irgendwann beschließen können, weiterzuziehen und ihre Reise fortzusetzen. Vielleicht hatte die Frau beschlossen, dass es Zeit war für sie zu gehen, und hatte sich einfach in Luft aufgelöst.
Andere sind der Ansicht, dass Geister von bestimmten Orten oder Personen angezogen werden, um ihre unerledigten Angelegenheiten zu erledigen. Wenn diese Angelegenheiten abgeschlossen sind, können sie beschließen zu gehen.
Richard dachte sehr viel über die Begegnung mit dieser Frau nach, und den tieferen Sinn dahinter. Vielleicht war es genau das, was beabsichtigt war. Die beiden sollten sich kennenlernen und füreinander da sein, bevor es für die Frau endgültig an der Zeit war, diese Welt zu verlassen.
Er beschloss, mehr Zeit damit zu verbringen, sich mit anderen Menschen zu umgeben und neue Freunde zu finden. Er begann regelmäßig an verschiedenen sozialen Aktivitäten teilzunehmen und sich in seiner Gemeinde zu engagieren. Dabei lernte er viele interessante Menschen kennen und knüpfte sogar einige neue Freundschaften. Seine neue Maxime war nun, das Beste au dem Leben zu machen. Richard wusste, dass es Höhen und Tiefen geben würde, aber er fühlte sich nun bereit, mit all den Herausforderungen umzugehen, die das Leben ihm bringen würde.
Der Geist hatte seine Aufgabe erfüllt.
Diese Geschichte entstand in Zusammenarbeit mit chat cpt