Stillstand im Kongress – Wie der Shutdown die Offenlegung der Epstein-Files ausbremst
In Washington steht seit Wochen alles still. Kein Haushalt, keine Sitzungen, keine Abstimmungen – der amerikanische Kongress ist im Shutdown-Modus. Beamte sind beurlaubt, Ausschüsse handlungsunfähig, Gesetzesinitiativen auf Eis gelegt. Und während die Schlagzeilen sich um den lähmenden Streit zwischen Republikanern und Demokraten drehen, geschieht im Schatten etwas ebenso Bedeutendes: Die seit Monaten erwartete Offenlegung der sogenannten Epstein-Filesbleibt blockiert. Nicht etwa, weil ein Gericht sie untersagt hätte – sondern, weil die Politik schlicht nicht arbeitet.
Der Shutdown hat damit einen Nebeneffekt, der vielen in Washington ganz recht kommt. Denn die Frage, wer in den Akten des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein erwähnt wird, ist nach wie vor brisant. Sie betrifft mächtige Namen aus Wirtschaft, Politik und Showbusiness – und birgt das Potenzial, Karrieren zu zerstören.
Eigentlich sollte der Oktober 2025 der Monat der Transparenz werden. Bereits im Sommer war angekündigt worden, dass das Justizministerium die nächste große Welle von Dokumenten freigeben würde – Zeugenaussagen, Kontakte, Fluglisten, Kommunikationsprotokolle. Der Kongress, seit den Zwischenwahlen mehrheitlich von den Demokraten kontrolliert, wollte diese Freigabe politisch begleiten, Druck auf die Behörden ausüben und, falls nötig, eine offizielle Veröffentlichung erzwingen.
Doch kurz bevor es so weit war, kam der Haushaltsstreit. Der Shutdown stoppte den Kongress buchstäblich in der Sekunde, in der die entscheidenden Ausschüsse tagen sollten. Ohne Budget kein Betrieb, ohne Betrieb keine Sitzungen – und damit auch keine Beschlüsse über Transparenz.
Offiziell heißt es, der Stillstand habe mit den Epstein-Akten nichts zu tun. Inoffiziell aber weiß jeder, dass das politische Timing geradezu perfekt ist – zumindest für jene, die keine weiteren Veröffentlichungen wünschen. Während die Öffentlichkeit auf die Haushaltspolitik starrt, verschwindet die Epstein-Debatte von den Titelseiten. Die zuständigen Mitarbeiter in den Justiz- und Aufsichtsausschüssen sind beurlaubt, die Dokumentenprüfstellen unterbesetzt, die Arbeitsabläufe unterbrochen.
Damit ist die Offenlegung faktisch vertagt, ohne dass irgendjemand eine Entscheidung treffen musste. Ein politischer Zufall – oder ein willkommener Nebeneffekt eines Streits, der ohnehin beide großen Parteien beschäftigt hält.
Gerade jetzt ist die Situation besonders brisant, weil die Demokraten im Repräsentantenhaus nach mehreren Nachwahlen erstmals wieder über eine knappe Mehrheit verfügen. Viele ihrer Abgeordneten, besonders aus den progressiven Reihen, hatten sich für eine umfassende Offenlegung ausgesprochen. Der Shutdown trifft sie mitten in der Bewegung – und nimmt ihnen die Handlungsfähigkeit.
Sie können keine Anträge stellen, keine Vorladungen aussprechen, keine Ausschusssitzungen abhalten. Die Mehrheit existiert also nur auf dem Papier, nicht in der Praxis. Ein politischer Stillstand, der Transparenz verhindert, ohne sie offiziell abzulehnen.
Juristisch gibt es keinen Mechanismus, der die Freigabe der Epstein-Files an einen funktionierenden Kongress bindet. Die Entscheidung liegt formell beim Justizministerium und dem FBI. Doch in der Realität funktioniert die Freigabe nur im Zusammenspiel mit der Legislative – sie ist auf politischen Druck angewiesen. Und dieser Druck fehlt momentan vollständig.
So ist der Shutdown zu einem Schutzschild des Schweigens geworden. Er stoppt keine Gesetze, sondern verhindert politische Verantwortung. Niemand muss sich erklären, niemand muss etwas ablehnen oder genehmigen. Die Uhr steht still – und mit ihr auch die Wahrheit über die letzten Geheimnisse im Fall Epstein.
Ob der Stillstand ein Zufall oder Kalkül ist, wird man vielleicht nie erfahren. Sicher ist nur: Er wirkt wie eine bequeme Atempause für all jene, die noch hoffen, dass Zeit und Öffentlichkeit das Interesse an den Epstein-Files verblassen lassen.
Denn nichts schützt besser als Untätigkeit. Kein Beschluss, kein Skandal – nur Schweigen. Und so dauert der Stillstand in Washington an, während irgendwo in den Archiven Dokumente liegen, deren Veröffentlichung längst beschlossen sein sollte.
Karrieren, Einfluss, Macht – all das hängt an diesen Akten. Und bis der Kongress wieder arbeitet, bleibt die Wahrheit dort, wo sie viele gerne hätten: im Dunkel zwischen den Zeilen des Shutdowns.
