Eugenik, eine Bewegung, die auf der Annahme beruht, dass die menschliche Bevölkerung durch gezielte Zucht verbessert werden könne, nahm in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts beunruhigend an Fahrt auf. Die Ursprünge der Eugenik lassen sich auf die Arbeiten von Francis Galton im späten 19. Jahrhundert zurückführen, doch es war in den Vereinigten Staaten, wo die Bewegung eine breite gesellschaftliche und politische Unterstützung fand.
In den USA verbanden sich die Ideen der Eugenik mit einer Reihe von gesellschaftlichen Ängsten und wissenschaftlichen Entwicklungen. Zu einer Zeit, in der die Industrialisierung und die Urbanisierung rasant voranschritten, sahen viele Menschen in der Eugenik eine Möglichkeit, die sozialen Probleme der modernen Gesellschaft zu bewältigen. Dazu gehörten Sorgen über Armut, Kriminalität und die „Qualität“ der Bevölkerung. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft wurde argumentiert, dass bestimmte „unerwünschte“ Eigenschaften wie Kriminalität, geistige Behinderung oder Armut vererbt würden und dass es daher im Interesse der Gesellschaft liege, die Fortpflanzung von Personen mit solchen Eigenschaften zu verhindern.
Die Eugenikbewegung in den USA wurde durch ein breites Spektrum von Akteuren unterstützt, darunter Wissenschaftler, Politiker und sogar prominente Persönlichkeiten wie Theodore Roosevelt und Alexander Graham Bell. Sie glaubten, dass die Anwendung eugenischer Prinzipien die amerikanische Gesellschaft verbessern und die „Rassenhygiene“ fördern könnte. Dieser Glaube führte zu einer Vielzahl von Maßnahmen, die von erzwungenen Sterilisationen bis hin zu Einwanderungskontrollen reichten.
Die erzwungene Sterilisation von Personen, die als „erblich minderwertig“ galten, wurde in vielen US-Bundesstaaten legalisiert. Zwischen 1907 und den 1970er Jahren wurden in den Vereinigten Staaten schätzungsweise 60.000 Menschen zwangssterilisiert. Diese Praxis betraf besonders Minderheiten, Menschen mit Behinderungen und jene, die am Rand der Gesellschaft standen. Diese Eingriffe wurden oft ohne das Wissen oder die Zustimmung der Betroffenen durchgeführt, und ihre Rechtfertigung beruhte auf pseudowissenschaftlichen Annahmen.
Parallel dazu beeinflussten eugenische Ideen auch die Einwanderungspolitik der USA. In den 1920er Jahren führte der Immigration Act von 1924 zu strengen Quoten, die die Einwanderung aus süd- und osteuropäischen Ländern, sowie aus Asien stark einschränkten. Diese Maßnahmen wurden teilweise mit der Begründung gerechtfertigt, dass bestimmte ethnische Gruppen als biologisch minderwertig galten und die „amerikanische Rasse“ nicht verunreinigen sollten.
Doch trotz ihrer Popularität begann die Eugenikbewegung in den 1930er und 1940er Jahren zu schwinden, besonders als die rassistischen Exzesse des Nationalsozialismus und der Holocaust ans Licht kamen. Der Missbrauch eugenischer Ideen durch das NS-Regime führte zu einer zunehmenden Diskreditierung der Bewegung in den USA und weltweit. Die wissenschaftliche Grundlage der Eugenik wurde zunehmend infrage gestellt, und viele der zuvor akzeptierten Praktiken wurden als unmenschlich und unethisch verurteilt.
Heute ist die Eugenik in den USA weitgehend als dunkles Kapitel der Geschichte anerkannt. Die Nachwirkungen sind jedoch immer noch spürbar, und die Diskussionen über genetische Selektion und Bioethik erinnern uns daran, wie wichtig es ist, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Der Missbrauch wissenschaftlicher Theorien zur Rechtfertigung von Diskriminierung und Zwang bleibt eine mahnende Lektion, dass die Integrität der Wissenschaft stets gewahrt bleiben muss, um nicht erneut in die Irre zu führen.