Stellen wir uns vor, es ist der Winter 1917, und Russland hat entschieden, trotz aller Widrigkeiten und inneren Unruhen, nicht aus dem Ersten Weltkrieg auszusteigen. Der Druck auf Zar Nikolaus II. ist enorm, doch er entscheidet, dass ein Rückzug aus dem Krieg die Macht und den Einfluss Russlands in Europa dauerhaft schwächen würde. Stattdessen wird eine neue, strengere Offensive an der Ostfront eingeleitet.
Die Februarrevolution von 1917 bricht dennoch aus, aber anstatt die Monarchie zu stürzen, führt die Revolution zu einer Koalitionsregierung aus gemäßigten Sozialisten und Monarchisten, die sich darauf einigen, den Krieg fortzusetzen, um die nationale Einheit zu bewahren. Diese Koalitionsregierung schafft es, die Bolschewiki unter Lenin zu isolieren und ihre Bewegung zu unterdrücken. Der Ruf nach „Frieden, Land und Brot“ wird von der neuen Regierung mit der Versprechung eines Sieges im Krieg und anschließender Reformen beantwortet.
Die russische Armee, motiviert durch nationalistische Propaganda und verbesserte Versorgungslinien, führt im Frühjahr 1918 eine überraschend erfolgreiche Offensive gegen die Mittelmächte durch. Die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen sind bereits durch die langwierigen Kämpfe an der Westfront geschwächt und werden nun auch im Osten in die Defensive gedrängt.
Diese russische Offensive verändert das Kräfteverhältnis im Krieg erheblich. Die Mittelmächte, die sich bereits im Westen unter dem Druck der alliierten Streitkräfte befinden, sehen sich nun auch im Osten in die Enge getrieben. Die deutsche Oberste Heeresleitung wird gezwungen, Truppen von der Westfront abzuziehen, um die neue russische Bedrohung abzuwehren. Dies gibt den westlichen Alliierten den nötigen Raum, um eine entscheidende Gegenoffensive zu starten.
Der Krieg zieht sich weiter hin, aber der beidseitige Druck auf die Mittelmächte führt zu ihrem langsamen, aber stetigen Zusammenbruch. Im Sommer 1919 stehen die deutschen Truppen sowohl im Osten als auch im Westen am Rande des Zusammenbruchs. Die amerikanischen Truppen, die bereits seit 1917 auf Seiten der Alliierten kämpfen, verstärken die westlichen Linien und unterstützen die russischen Angriffe durch Nachschub und strategische Beratung.
Im Herbst 1919 kapitulieren schließlich die Mittelmächte. Der Friedensvertrag von Versailles wird neu verhandelt, da Russland als wichtiger Akteur bei den Friedensverhandlungen auftritt. Die territorialen und politischen Vereinbarungen sind anders als in unserer bekannten Geschichte: Polen erhält seine Unabhängigkeit, aber unter starkem russischen Einfluss, und die baltischen Staaten werden Teil einer russischen Föderation.
Intern wird Russland nach dem Krieg mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Die Koalitionsregierung muss sich nun den Versprechen von Reformen stellen. Die Landreform wird angegangen, um die Bauernschaft zu beruhigen, und die Industrialisierung wird beschleunigt, um die durch den Krieg entstandenen wirtschaftlichen Defizite zu beheben. Die monarchistischen Kräfte bleiben einflussreich, aber die Sozialisten gewinnen an Boden, was zu einer langsamen, aber stetigen Demokratisierung des politischen Systems führt.
International etabliert sich Russland als eine führende europäische Macht. Die Vereinigten Staaten und Russland entwickeln eine vorsichtige Allianz, die auf gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen basiert. Diese Allianz hat erhebliche Auswirkungen auf die Nachkriegsordnung und die Entwicklung der internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert.
Ohne den frühen Ausstieg Russlands aus dem Krieg wird die bolschewistische Revolution nie vollendet, und der Kommunismus breitet sich nicht in der gleichen Weise aus, wie wir es kennen. Stattdessen erleben wir ein Europa, das von einer starken, föderalen russischen Macht beeinflusst wird, die den Kontinent mitbestimmt und stabilisiert.